Pater Hubertus Pauels
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DER HEILIGE PAPST DER WELTERNEUERUNG IN CHRISTUS

Da Plus XII. sich auf Pius X. verschiedentlich beruft, lassen wir die Auffassung Pius' X. folgen. Diese ist in großer Klarheit und Eindringlichkeit in dem Sendschreiben anlässlich des fünfzigjährigen Jubiläums der Dogmatisierung der Immaculata dargelegt, ,Ad diem illum' vom 2. Februar 1904:

«Für wen ist es nicht eine ausgemachte Sache, dass kein Weg leichter und sicherer ist, alle Menschen an Christus zu binden und durch ihn die vollkommene Kindschaft zu erlangen, damit wir heilig und makellos seien in den Augen Gottes, als der Weg durch Maria? In der Tat, wenn wirklich zu Maria gesagt worden ist: «Selig, die du geglaubt hast, dass alles in Erfüllung gehen wird, was dir vom Herrn gesagt worden ist», dass sie nämlich den Sohn Gottes empfangen und gebären sollte, wenn sie also in ihrem Schoß den empfing, der von Natur selbst die Wahrheit ist, damit er in einer neuen Ordnung und durch eine neue Geburt geboren, sichtbar würde in unserer Natur, der unsichtbar in seiner eigenen ist, damit er, obwohl Gottes Sohn, doch Mensch geworden, der Urheber und der Vollender unseres Glaubens ist, dann ist es ganz und gar notwendig, seine heiligste Mutter als Teilhaberin der göttlichen Geheimnisse wie auch deren Bewahrerin anzuerkennen, nach Christus das vortrefflichste Fundament, auf dem das Gebäude des Glaubens für alle Jahrhunderte erbaut wird. Was also? Hätte Gott nicht auf einem anderen Wege als durch die Jungfrau uns den Wiederhersteller des Menschengeschlechtes und den Begründer unseres Glaubens zuteil werden lassen können? Weil jedoch die Vorsehung des ewigen Gottes dahin entschieden hat, dass wir den Gottmenschen durch Maria haben sollten, die ihn — fruchtbar durch den Heiligen Geist — in ihrem Schoß getragen hat, so bleibt uns gar nichts anderes übrig, als dass wir Christus empfangen von den Händen Mariens. Man muss von ihr sagen, dass sie, die Teilhaberin seiner Pläne und verborgenen Willensentschlüsse, eben das Leben des Sohnes gelebt hat. Niemand also hat so tiefgreifend Christus erkannt wie sie, daher ist niemand so geeignet wie sie als Führer und Lehrer zur Christuserkenntnis. Daher kann denn auch, wie Wir schon angedeutet haben, niemand wirksamer die Menschen an Christus binden als diese Jungfrau. Wenn nämlich nach dem Worte Christi «dies das ewige Leben ist, dass sie dich erkennen, den allein wahren Gott, und den du gesandt hast, Jesus Christus», dann erlangen wir auch jenes Leben, dessen Quelle und Anfang Christus ist, leichter durch Maria, da wir ja durch sie die vitale Christuserkenntnis erhalten.

Ist Maria nicht etwa die Mutter Christi? Also ist sie auch unsere Mutter. Das muss jeder als Grundwahrheit festhalten: Jesus, das fleischgewordene Wort, ist auch der Erretter des Menschengeschlechtes. Nun hat er als Gottmensch wie die übrigen Menschen einen greifbaren Leib angenommen, als Wiederhersteller unseres Geschlechtes aber gleichsam einen geistlichen, und, wie man sagt, mystischen Leib. Das ist die Gemeinschaft derer, die an Christus glauben. «Wir vielen sind ein Leib in Christus.» Nun hat aber die Jungfrau den ewigen Sohn Gottes nicht nur deswegen empfangen, damit er Mensch werde, indem er die menschliche Natur annahm, sondern auch damit er durch die aus ihr angenommene Natur der Erretter der sterblichen Menschen würde. Deswegen hat der Engel den Hirten verkündet: Euch ist heute der Heiland geboren, Christus der Herr. Also hat in ein und demselben Schoß der keuschesten Mutter Christus Fleisch angenommen und zugleich einen geistlichen Leib mit sich verbunden, der eben aus denen zusammengefügt ist, die an ihn glauben würden. Man kann also sagen: Maria hat auch alle jene in ihrem Schoß getragen, deren Leben eingeschlossen war in das Leben des Heilandes, als sie den Heiland in ihrem Schoße trug. Wir alle also, so viele wir mit Christus vereinigt werden und nach den Worten des Apostels Glieder seines Leibes sind, von seinem Fleisch und Blut, wir sind aus dem Schoße Mariens hervorgegangen gleichsam als der Leib, der an dem Haupte haftet. Daher heißen wir — in geistlicher und mystischer Weise freilich — Kinder Mariens, und sie ist unser aller Mutter. Mutter zwar dem Geiste nach, aber ganz und gar Mutter der Glieder Christi, die wir sind. Wenn also die seligste Jungfrau zugleich Gottes und der Menschen Mutter ist, kann dann etwa einer daran zweifeln, dass sie mit allen Kräften darauf hinarbeiten wird, dass Christus, das Haupt seines Leibes, der Kirche, in uns, seine Glieder, hineinergieße, was er an Gnadengeschenken hat, und vor allem dies, dass wir ihn erkennen und «durch ihn leben»?

Dazu kommt ferner: Zum Lobe der heiligsten Gottesmutter muss man nicht nur dies anführen, dass sie dem eingeborenen Gott, der aus menschlichen Organen geboren werden sollte, ihr Fleisch darbot, wodurch eben die Opfergabe für das Heil der Menschen bereitet wurde, sondern auch das Amt, diese Opfergabe zu hüten, zu nähren und sogar zur festgesetzten Stunde zum Opferaltar zu bringen. Daher ist die Lebens- und Aufgabengemeinschaft zwischen Mutter und Sohn niemals gelöst worden, und auf beide passen in gleicher Weise die Worte des Propheten: Unter Jammer welkt mein Leben dahin und meine Jahre unter Seufzen. Als vollends die letzte Stunde des Sohnes gekommen war, stand neben dem Kreuz Jesu seine Mutter. Sie war nicht nur mit der Furchtbarkeit des Schauspiels beschäftigt, sondern ganz und gar mit Freude erfüllt, weil ihr Eingeborener für das Heil des Menschengeschlechtes sich opferte, und so sehr hat sie sogar mitgelitten, dass sie alle Leiden, die ihr Sohn gelitten hat, viel lieber selbst erlitten hätte, wenn es möglich gewesen wäre. Aufgrund dieser Leidens- und Willensgemeinschaft zwischen Maria und Christus verdiente sie, dass sie ganz geziemend die Wiederherstellerin der verlorenen Welt wurde und daher die Ausspenderin aller Gnaden insgesamt, die uns Jesus durch seinen Opfertod und sein Blut erworben hat.

In Wahrheit leugnen Wir nicht, dass vom Rechtsstandpunkt aus die Austeilung dieser Gnaden ausschließlich und eigentlich Sache Christi ist. Einzig durch seinen Tod sind sie uns ja verdient worden. Nur er ist kraft seiner Macht Mittler zwischen Gott und den Menschen. Jedoch aufgrund der Leidens- und Notgemeinschaft zwischen Mutter und Sohn, von der Wir gesprochen, wurde der erhabenen Jungfrau dieses Vorrecht verliehen, dass sie für die ganze Welt die machtvollste Mittlerin und Versöhnerin ist bei ihrem eingeborenen Sohne. Die Quelle ist also Christus. Von seiner Fülle haben wir alle empfangen. Von ihm aus ist der ganze Leib zusammengefügt, verknüpft durch jedes Band der Dienstleistung ... und bewirkt so das Wachstum seines Leibes und baut sich selbst in Liebe auf. Maria ist aber, wie der heilige Bernhardin bemerkt, der Kanal oder gar der Hals, durch den der Leib an das Haupt gebunden wird und durch den wiederum das Haupt sein Leben und seine Kraft hineingießt. Sie ist der Hals unseres Hauptes, durch den alle geistlichen Gaben seinem mystischen Leibe mitgeteilt werden. Es liegt also offen auf der Hand, dass es Uns wirklich fern liegt, der Gottesmutter die Kraft zuzuerkennen, übernatürliche Gnaden bewirken zu können. Die hat allein Gott. Dennoch, weil sie alle an Heiligkeit und Christusgebundenheit überragt und von Christus hinzugezogen wurde zum Werke der Erlösung der Menschen, darum verdient sie für uns aus Billigkeit, wie man sagt, was Christus aus Gerechtigkeit verdient hat. So ist sie die Hauptsachwalterin bei der Austeilung der Gnaden. Er sitzt zur Rechten der Majestät in der Höhe. Maria aber steht als Königin zu seiner Rechten, die sicherste Zuflucht und treueste Helferin aller, die in Not sind. Daher darf man nichts fürchten und an nichts verzweifeln, wenn sie die Führung übernommen, wenn sie die Leitung innehat, wenn sie uns gnädig ist, wenn sie die Schirmherrin ist.

Nach diesen Ausführungen kehren Wir zu Unserer Grundwahrheit zurück. Wem haben Wir nach seiner Meinung noch nicht nach Recht und Billigkeit bewiesen, dass Maria sie, die sich ja vom Haus in Nazareth bis zu Kalvaria Jesus geschenkt hat, als die unablässige Gefährtin, die wie niemand anders die Geheimnisse seines Herzens kannte und das Kapital seiner Verdienste mit gleichsam mütterlichem Recht verwaltet — dass sie die größte und sicherste Hilfe ist, Christus kennen und lieben zu lernen? Dies wird bekanntlich allzu sehr bewiesen durch die beklagenswerte Lage derer, die entweder durch Teufelslist oder aufgrund falscher Vorurteile behaupten, sie könnten die Hilfe der Jungfrau übergehen! Diese armseligen und unglücklichen Menschen, sie geben vor, Maria zu vernachlässigen, um Christus die Ehre zu geben, sie wissen jedoch nicht, dass man das Kind nicht finden kann außer bei Maria, seiner Mutter. — Keine Ehre fürwahr ist Maria erwünschter, keine angenehmer, als dass wir Jesus in der rechten Weise erkennen und lieben.

Kein Abschnitt im Leben der Jungfrau hat zwar des Glanzes dieser Tugenden entbehrt, am meisten jedoch hat es geleuchtet damals, als sie ihrem Sohne in der Todesstunde beistand. Die Liebe, in der sie zu Gott brennt, macht sie zur Teilhaberin und Gefährtin der Leiden Christi. Sie vergisst gleichsam ihre Schmerzen und erfleht mit ihm Verzeihung für die Mörder, wenn diese auch noch so verbohrt schreien: Sein Blut komme über uns und unsere Kinder.

Das Leid der Gebärenden (Apokalyptischen Frau) aber zeigt den Eifer und die Liebe an, mit der die Jungfrau auf dem himmlischen Throne wacht und in unablässigem Gebet ringt, dass die Zahl der Auserwählten voll werde. Aus Erfahrung wissen wir ja, dass ein Gebet niemals ohne Erfolg gewesen ist, wenn es aus der Liebe hervorquillt und durch die Fürbitte der heiligen Jungfrau unterstützt wird.

Gerade die Jungfrau wird niemals aufhören, uns beizustehen, selbst in den schlimmsten Lagen. Unaufhörlich wird sie den Kampf verfolgen, den sie schon von ihrer Empfängnis an gekämpft hat, so, dass man täglich wiederum sagen kann: «Heute ist von ihr der Kopf der alten Schlange zertreten worden.»

Pius X. setzt sich mit vollster Überzeugung für das Vorrecht Mariens ein, wirklich Mittlerin der Gnaden des Erlösers zu sein. Auch nach seiner Auffassung handelt es sich um neue Ordnung, die durch die neue Art der Geburt des Gottessohnes sichtbar wird. Gott hätte jede andere Weise der Menschwerdung und Erlösung bestimmen und wählen können. Doch er beschloss diesen Weg — den Weg durch den mütterlichen Schoß Mariens. So ist die Form der Gnadenordnung ausschließlich in Gottes freiem Ratschluss verwurzelt.

Dass Maria Gnadenvermittlerin ist, beruht in der Tatsache ihrer Gottesmutterschaft. Als Mutter Jesu wurde sie Teilhaberin und Bewahrerin der göttlichen Geheimnisse, die Teilnehmerin an den Plänen und verborgenen Willensentschlüssen Christi. Darum ist sie befähigt, eine vitale Christuserkenntnis zu vermitteln. Sie lebte in einer solchen Gemeinschaft mit Christus, dass die Quelle ihres Denkens und Wirkens Christus, die Quelle des ewigen Lebens, ist.

Aber mit der Geburt Jesu vollzog sich das Geheimnis einer anderen Mutterschaft. Christus wollte nicht nur als Mensch aus Maria hervortreten, sondern als Wiederhersteller des menschlichen Geschlechtes, darum als Erlöser — als das Haupt eines geistlichen Leibes — des mystischen. Darum trug Maria mit dem Haupt des mystischen Leibes auch dessen geistlichen Leib. Darum ist sie zwar nicht die leibliche Mutter dieses Leibes, wie sie die leibliche Mutter Jesu ist, aber doch wirkliche Mutter, und zwar im geistigen und mystischen Sinn.

Sie nahm in diesem Auftrag auch an dem eigentlichen Werk der Erlösung teil, und zwar, wie Plus X. darlegt, indem sie bewusst nicht nur ihr Fleisch und Blut Christus anbot, sondern es auch als das Fleisch und Blut gab, das Christus als Opferlamm am Kreuze opfern sollte. Sie stand noch tiefer im Erlösungswerk auf Kalvaria, als sie ihren Sohn zum Opferaltar brachte, ihn für die Menschen opferte, selbst alle Leiden mit ihm teilte, ja sogar bereit war, an seiner Stelle alle Leiden auf sich zu nehmen. Diese Leidens-, Not- und Aufgabengemeinschaft verband sie so mit Christus, dass sie mit Fug und Recht auch an der Verteilung der Erlösungsgnaden teilnehmen sollte. Den tiefsten persönlichen Grund für das Handeln Mariens bei der Erlösung sieht Pius X. in der Liebe, sowohl zu Gott, dass sie an Christi Leiden als mütterliche Gefährtin teilnehmen wollte, als auch zu den Sündern, die sie miterlösen wollte.

Wie die Art ihrer Teilnahme an der Erlösung und Ausspendung der Gnaden ist, war die brennende Frage der Gottesgelehrten. Pius X. gibt darauf eine ganz eindeutige Antwort. Christus allein hatte die Macht zu erlösen, darum auch das alleinige Recht, die Erlösungsgnaden zuzuwenden. Dieses Verdienst und dieses Recht Christi ist verankert in der eigentlichen strengen Gerechtigkeit. Was Maria verdient hat und nach welchem Recht sie ausspendet — also vermittelt —, ist nicht aufgrund eines Rechtsanspruches, sondern nach Maßgabe der Billigkeit. Aber beide Arten des Wirkens, Verdienens und Austeilens sind zu einer unlösbaren Einheit verbunden aufgrund der Lebens-, Leidens-, Not- und Aufgabengemeinschaft, die den Erlöser mit seiner Mutter auf Erden verband und jetzt in der Herrlichkeit des himmlischen Königs verbindet, an dessen Seite Maria als Königin unablässig für uns eintritt.

Das Ziel dieser Vermittlung der gesamten Erlösungsgnaden ist die Hinführung zu Christus und zur Gotteskindschaft. Darum arbeitet sie darauf hin, dass sich das Haupt in seine Glieder ergießt, dass wir ihn kennen und lieben lernen und in dieser Christuserkenntnis das ewige Leben haben. Darum nennt sie Pius X. den Kanal oder den Hals des mystischen Leibes — nach dem Vorgang des heiligen Bernhardin von Siena, so, dass alles durch die Hände Mariens geht — oder, wie Pius X. es anders ausdrückt, so, dass wir Christus aus den Händen Mariens empfangen.

Pius X. fühlte sich gerade wegen dieser Darlegung der Gnadenvermittlung Mariens zu einer genaueren Präzisierung durch die Einwürfe seiner Gegner veranlasst, die in Christus den einzigen Mittler von Gnade und Wahrheit sahen. Er hebt darum mit aller Schärfe hervor, dass Maria keine übernatürlichen Gnaden bewirken kann. Das kann nur Gott. Aber was Maria tut, ist bitten. Durch ihr Bitten erflehte sie Verzeihung für die Mörder Jesu. So ist sie die sicherste Zuflucht und treueste Helferin. Darum ist auch nichts zu fürchten, wenn man sich ihrer Führung überlassen hat. Sie vermittelt nicht nur Christus, sondern sogar in einer leichteren und sichereren Weise. So hat sie schließlich die Macht als apokalyptische Frau, den Kampf mit dem Drachen siegreich zu beenden und dadurch der Schlange den Kopf zu zertreten.

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