Geistlicher Impuls
Am 14. September feiert die Kirche das „Fest der
Kreuzerhöhung“. Hier gedenkt sie der Auffindung
des Kreuzes Christi durch die Kaiserin Helena.
Kreuz, Leiden, Schmerz: das geht uns alle an.
Schwer ist es auch zu sagen, was denn tiefes
Leid ist. Letztlich gibt es bei jedem von uns in
irgendeiner Form Kreuz, Schmerz und Leiden. Wer
weiß, was es bedeutet, an einer chronischen
Krankheit zu leiden? Oder wer kennt z.B. das
Leiden von alt gewordenen Eltern, deren Kinder
nicht mehr zu Besuch kommen; oder von Menschen,
die in ihrem Beruf Entsetzliches aushalten
müssen?
Für viele ist auch Einsamkeit ein großes Thema.
Wenn die Wucht des Leidens uns trifft und wir es
deshalb vom Glauben nicht mehr schaffen, Gott zu
vertrauen, dann ist vielleicht ein erster
Schritt, zu versuchen, trotz allem den Kontakt
zu Gott nicht ganz abbrechen zu lassen. „Bei
Jesus bleiben“ – so lehren es uns viele
geistliche Männer und Frauen. Hier könnte uns
auch die Mutter Jesu eine Wegweiserin sein.
So könnte auch der 15. September, der
„Gedächtnistag der Schmerzen Mariens“, eine
Hilfe sein, wie wir vom Glauben her mit Leid und
Schmerz umgehen können. Es lohnt sich auf diesen
Gedenktag zu schauen, der sicherlich im engen
Zusammenhang steht mit dem Fest Kreuzerhöhung,
genau ein Tag zuvor.
Dies zeigt wieder einmal, dass Maria immer und
ganz mit ihrem Sohn Jesus Christus in Verbindung
steht und nur mit ihm zusammen zu sehen ist. Wie
furchtbar muss es gerade für eine Mutter, Maria,
gewesen sein, ihr Kind leiden zu sehen und nicht
helfen zu können! Das ist der große Schmerz der
Kreuzesstunde. Vermutlich ist es aber auch
darüber hinaus der Schmerz, dass Maria ahnt,
weshalb ihr geliebter Sohn so viel leiden muss:
das Erlösungsleiden aus Liebe. Liebe, die
unendlich ist und sich verschenken möchte an
alle Menschen und die doch abgelehnt wird.
Das Motiv der Schmerzen Mariens ist im Osten seit
dem 4. Jh. bekannt, im Westen seit dem 9. Jh.
Etwa ab dem 13. Jh. wird die Zahl 7 festgelegt,
in Entsprechung zu den Freuden Mariens. So zählt
zu den sieben Schmerzen: der Spruch Simeons, die
Flucht, der dreitägige Verlust Jesu, der
Kreuzweg, die Kreuzigung, die Kreuzabnahme und
die Grablegung Jesu. Wenn wir Maria als
„Schmerzensmutter“ verehren und am 15. September
das Gedächtnis ihrer Schmerzen begehen, dann
geht es nicht darum, uns in eine ungesunde
„Leidensmystik“ hineinzubegeben. Und es geht
auch nicht darum, Leid und Schmerzen zu
verharmlosen oder sie zu glorifizieren nach dem
Motto „Um so mehr ich leide, um so näher bin ich
dem Herrn in der Kreuzesnachfolge“; das wäre
ungut. Wir können aber von der Schmerzensmutter
lernen, „bei Jesus zu bleiben“. In der
dunkelsten Stunde , nämlich der Todesstunde
ihres geliebten Sohnes, ist Maria nicht
geflohen, sie ist nicht davon gelaufen. Sie ist
bei ihm geblieben. Und das ist wichtig auch für
uns: gerade das Kreuz ist ja immer die große
Glaubensprüfung.
Glauben: das fällt uns einfach, wenn alles glatt
geht, wenn wir zusammen mit anderen unseren
Glauben leben. Aber wenn das Kreuz kommt, dann
wird es oft unendlich schwer. Und so können wir
in diesen Stunden einfach ganz schlicht -
zusammen mit Maria – beten: „Jesus, ich will bei
dir bleiben. Auch wenn es schwer ist, ich
will an dir festhalten.“ In der Stunde des
Kreuzes und des Leidens gibt es keine großen
Worte mehr. Leiden und Schweigen – da gibt es
einen Zusammenhang. Stellen wir uns das vor: die
Blick Mariens in die Augen ihres sterbenden
Sohnes, der auch jetzt nichts anderes kann als
zu lieben, auch und gerade seine Peiniger, die,
die ihn verspotten und die, die ihn gefoltert
haben. Jesu Blick: der Blick einer unendlichen
Liebe. Und das hat Maria – neben all dem Schmerz
auch sicherlich gespürt: dass in dieser Liebe
letztlich doch alles ausgesagt ist über die
ganze Welt.
Versuchen wir, immer wieder in die Schule der
Gottesmutter zu gehen. Richten auch wir unseren
Blick hin zu unserem Erlöser am Kreuz. „Drücke
deines Sohnes Wunden, wie du selber sie
empfunden heil’ge Mutter, in mein Herz.“ So
heißt es in der Strophe eines alten Liedes zum
Gedenktag der Schmerzen Mariens. Alles
Betrachten der Leiden Christi wie auch der
Schmerzen seiner Mutter soll letztlich unser
Herz umgestalten, umformen.
Christus ist aus Liebe für uns gestorben und wenn
wir einwilligen, dass wir ganz und immer mehr in
Christus sein wollen, dann heißt das, dass wir
immer mehr und alles in Liebe verwandeln sollen.
Uns ist aufgetragen, unser tägliches Kreuz zu
tragen. Das sieht für jeden ganz anders aus.
Verdrängen wir nicht unser Kreuz; umarmen wir es
und überlassen dann alle Weshalbs und Warums
Gott und auch zu wessen Heil wir dieses Kreuz
tragen.
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Ein tröstendes und stärkendes Wort, wenn
Leid uns trifft, ist auch zu finden in der
Botschaft von Papst Franziskus zum Welttag der
Kranken 2017 (Quelle:
www.vatican.va):
"Der Blick Marias, der Trösterin der Betrübten,
erleuchtet das Antlitz der Kirche in ihrem
täglichen Einsatz für die Bedürftigen und die
Leidenden. Die kostbaren Früchte dieser Bemühung
der Kirche um die Welt des Leidens und der
Krankheit sind ein Grund, Jesus, dem Herrn, zu
danken: Er ist für uns eingestanden, im Gehorsam
gegenüber dem Willen des Vaters und bis zum Tod
am Kreuz, damit die Menschheit erlöst würde. Die
Solidarität Christi, des von Maria geborenen
Sohnes Gottes, ist der Ausdruck der barmherzigen
Allmacht Gottes, die sich in unserem Leben zeigt
– vor allem, wenn es gebrechlich, verletzt,
gedemütigt, ausgegrenzt und leidend ist – und
ihm die Kraft der Hoffnung einflößt, die uns
wieder aufstehen lässt und uns unterstützt."